Hört man den Namen Felix Gaß, so können wohl auch Fans klassischer Musik wenig mit diesem Namen anfangen. Selbst in Münnerstadt, in der eben jener spätere Augustinerpater am Gymnasium unterrichtet und in die Wissenschaften eingeführt wurde, ist er fast gänzlich unbekannt. Damit dies nicht so bleibt wurde in der Klosterkirche St. Michael in Münnerstadt ein Kirchenkonzert anlässlich des 300. Geburtstags dieses Rhöner Barock- und Klosterkomponisten aufgeführt, in dem zahlreiche Werke aus seiner Feder aufgeführt wurden. Geboren wurde Felix Gaß in Neustadt / Saale, bereits in seiner Zeit am Augustinergymnasium in Münnerstadt kam er mit der Musik in Berührung und dürfte hier schon eigene Kompositionen realisiert haben. Nach dem Besuch des Gymnasiums feierte Gaß dann 1733 Profess im Augustinerkloster Münnerstadt. 1737 wurde er dann nach Freiburg im Breisgau geschickt, 1739 wurde er zum Priester geweiht. An verschiedenen Stellen war er als Organist tätig, wo er sich ganz seiner Liebe zur Musik hingeben konnte. Leider starb Pater Felix Gaß bereits 1752 im Alter von nur 36 Jahren. Alle Quellen bezeichnen Gaß als hervorragenden Organisten und gefeierten Komponisten. Lediglich ein undatierter Druck von ihm ist bezeugt, der wohl zwischen 1743 und 1745 entstanden sein könnte. Die Werksammlung trägt den barocken Titel „David ludens ad arcam Dei“ (David spielt vor der Gotteslade), hierbei handelt es sich um 30 Arien, die die spätbarocke Sinnenfreude und Weltoffenheit bezeugen.
Diese und weitere interessante Informationen wurden zwischen den einzelnen Stücken von Christel Kess von der Int. Valentin-Rathgeber-Gesellschaft Oberelsbach gegeben und ließen auch Charakterzüge von Felix Gaß als Privatperson durchscheinen. Natürlich ging es aber hauptsächlich um die Musik dieses Barockkomponisten. Als Sopranistin brillierte hier Susanne Gaß, während Berthold Gaß die Orgel behände zu führen wusste. Als Violinistinnen untermalten Carola Kroczek und Rosemarie Beer-Schmitt einzelne Stücke mit viel Gefühl.
Sehr feierlich, aber auch verspielt – eine typische Eigenart barocker Kompositionen – kamen die Arien Nummer 22 und 24 in F-Dur daher. Berthold Gaß gelang es dabei, auch die filigranen Partien sehr sauber auszuarbeiten und von Beginn an mit dem Instrument eins zu werden. Natürlich bot sich die Klosterkirche in Münnerstadt für ein solches Konzert geradezu an. Nicht nur, dass die Rokoko-Ausstattung das Pendant zur Musik im Bereich der Architektur war – nein, an diesem Ort weilte während seiner Schuljahre Felix Gaß selbst und hat hier wohl auch seine Liebe zur Musik entdeckt. Und so konnte man seine Gedanken schweifen lassen, während die barocken Klänge den Kirchenraum ausfüllten. Neben Kompositionen von Felix Gaß wurde auch solche von Valentin Rathgeber gegeben, ein Rhöner Landsmann von ihm. Hier wusste Sopranistin Susanne Gaß bei der Arie 15 in B-Dur mit einer sehr angenehmen Stimme zu gefallen. Außerdem gelang es ihr, auch kleinste Nuancen klar und deutlich hervorzuheben sowie mit einer sehr sauberen und klaren Aussprache auf ganzer Linie zu überzeugen. Dabei harmonierte sie hervorragend mit der Orgel und den Violinen zusammen, Musiker und Sängerin hatten sichtlich viel Freude an der Musik. Susanne Gaß verstand es darüber hinaus, ihren Part mit viel Leidenschaft in der Stimme zu absolvieren, was einen ganz besonderen Hörgenuss ermöglichte. Hier schien auch die Sinnenfreude des Barock durch, dessen Lebenslust auch die in der geistlichen Musik eher zurückhaltenden kontemplativen Momente zu befruchten und zu bereichern wusste. Sehr angenehm waren auch die zwiegesprächartigen Passagen zwischen der Sopranistin und der Orgel, die zeigten, wie vielfältig und reizvoll Barockmusik sein kann.
Dass diese auch durchaus ernster sein kann, zeigte die Aria Nr. 28, ein Solostück für Orgel. Die „Pastorella aus dem Schwarz-Wald in F-Dur“, auch Glockenspiel-Pastorella genannt, zeigte, dass die Kompositionen Felix Gaß' vor Experimentierfreude nur so strotzen. Allein schon der Klang dieser Pastorella war etwas ganz besonderes. Berthold Gaß an der Orgel verstand es, dieses schwere Stück zu meistern, wobei sein Spiel leichtfüßig wirkte und er bei der Interpretation viel Gefühl bewies, was ein wahrer Ohrenschmaus war. Überhaupt wurde auch der Kirchenraum als Klangkörper in den Kompositionen des Augustinerpaters miteinbezogen, was sehr eindrucksvoll und sehr hörenswert war. Weitere Stücke schlossen sich an, die allesamt von spätbarocker Sinnenfreude zeugten und für das Publikum ein Hörgenuss waren. Großer, langanhaltende Applaus folgte der gelungenen Darbietung an und zeigte, dass das Konzert allen sehr gut gefallen hatte. Die gespielten Stücke von Felix Gaß zeugten von großer musikalischer Meisterschaft des Komponisten, der ein durchaus ansehnliches Œuvre hinerließ, wenn man bedenkt, dass er bereits sehr jung starb. Dass Gaß hier am Gymnasium in Münnerstadt das geistige Rüstzeug für seinen späteren Lebensweg bekam und dabei sehr oft die Augustinerkirche besuchte, in der das Konzert stattfand war eine weitere reizvolle Facette. Ebenso, dass dieser fast vergessene Komponist wieder einmal zu hören war. Und es war tatsächlich so, wie Christel Kess zu Ende des Konzerts bemerkte: „Der Augustinereremit Pater Felix Gaß hinterließ ein interessantes Erbe, welches in seiner Rhöner Heimat und insbesondere an seinem zeitweisen Wirkungsort Münnerstadt wieder entdeckt werden sollte“.
(Björn Hein M.A.)